Der Austausch der Denkmäler in Oppeln ist eine Farce

Kasimir I. und Friedrich der Große – ideologische Brüder

Vor 1945 stand auf dem Oppelner Marktplatz ein Denkmal Friedrichs des Großen, das nach dem Krieg abgerissen wurde. Jahrzehnte später errichtete man an derselben Stelle ein Denkmal für den Piasten Kasimir I. – jenen Mann, der den jahrhundertelangen Prozess der Germanisierung des Oppelner Schlesiens in Gang setzte. An die Stelle des preußischen Friedrichs des Großen trat damit sein ideeller Bruder aus dem 13. Jahrhundert.

Friedrich der Grosse, Oppeln
Wikimedia commons / polska-org

Vor 1945 stand auf dem Oppelner Marktplatz das Denkmal Friedrichs des Großen, der in diesem Monat seinen 239. Todestag hat. Das Denkmal wurde als deutsches Symbol betrachtet und zerstört. Jahrzehnte später stellte man genau an derselben Stelle das Denkmal seines ideologischen Bruders, Kasimir I. von Oppeln, auf.

Kasimir I. war der Sohn von Mieszko Plątonogi, einem Piasten, der am Hof von Kaiser Friedrich Barbarossa erzogen wurde. In seinem Umfeld sprach man Deutsch und Latein, die kulturellen Vorbilder kamen aus dem Westen. Schon von klein auf war er mit der Tradition des Reiches verbunden – nicht mit der slawischen Welt. Seine Orientierung war klar: deutsche Siedler ins Land holen, Städte nach Magdeburger Recht gründen, deutsche Institutionen und zivilisatorische Muster einführen.

Kasimir I. von Oppeln war nicht nur ein passiver Fortführer der politischen Linie seines Vaters, sondern ein aktiver Organisator des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens nach westlichen Vorbildern. Er war es, der den breit angelegten Prozess der Stadt- und Dorflokationen nach deutschem Recht einleitete. Dies sicherte direkte Bindungen an den Rechtskreis des Reiches. Bereits 1217 verlieh er Leschnitz die Stadtrechte und förderte anschließend weitere Zentren wie Ujest, Zülz und Rosenberg. Um diese Städte wurden deutsche Kolonistensiedlungen angesiedelt, die neue Anbaumethoden, Zünfte, Handelsorganisationen und eine auf Magdeburg ausgerichtete städtische Selbstverwaltung mitbrachten.

So modernisierte sich das Herzogtum Oppeln-Ratibor nicht nur wirtschaftlich, sondern wurde auch verfassungsrechtlich und kulturell enger an das Reich gebunden. Die von Kasimir I. gegründeten Städte waren Teil eines größeren Netzes deutscher Stadtzentren.

Kasimir I. stärkte auch die Position der Kirche nach westlichen Standards. Auf der Synode von Wolborsch im Jahr 1215 verlieh er dem Klerus weitreichende Privilegien – gerichtliche und wirtschaftliche Immunität – und brachte damit die kirchliche Ordnung seines Herzogtums näher an die Modelle heran, die später im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation galten. Er förderte Klöster und holte Orden ins Land, die direkt mit dem kirchlichen Institutionennetz des Reiches verbunden waren.

In der Außenpolitik lavierte Kasimir I. ständig zwischen Böhmen und dem Reich, wobei er sich bewusst von den Krakauer Piasten distanzierte. Sein Interesse lag in der Sicherung der Südgrenze und in der Zusammenarbeit mit den Přemysliden – dynastischen Verbündeten der Kaiser. Folglich war er ein beständiger Vertreter der Interessen des Reiches in der Konfrontation mit Polen.

Diese Ausrichtung findet ihr frappierendes Echo in der Politik Friedrichs II. des Großen. Der König von Preußen, dessen Todestag wir im August begehen, war der konsequente Vollender des Werkes, das Kasimir I. begonnen hatte. Friedrich gliederte Schlesien in Preußen ein, und seine Politik führte am Ende des 19. Jahrhunderts zu den unmittelbaren Folgen des Kulturkampfes – eines Germanisierungsprogramms, das systematisch alle Erscheinungsformen der polnischen Kultur bekämpfte. Friedrich stand zudem in dauerhaftem Konflikt mit dem polnischen Staat – er war einer der Hauptinitiatoren der Teilungen. In diesem Sinne steht heute auf dem Oppelner Marktplatz das Denkmal eines politischen Pioniers, der im 13. Jahrhundert einen Prozess anstieß, den Friedrich der Große im 18. Jahrhundert zu Ende führte.

Die Aufstellung des Denkmals für Kasimir I. ließe sich vielleicht als Symbol der Integration mit Westeuropa deuten – und vielleicht wird man es in Zukunft so sehen. Doch grotesk ist die Tatsache, dass dieses Monument als Zeichen der Polonität Oppelns gedacht war. Kasimir I., der „Vater der Stadt“, war in Wirklichkeit der Patron eines gegenteiligen Prozesses: der Germanisierung und der nachhaltigen Entfernung Schlesiens vom polnischen Erbe.

Die Geschichte ist bisweilen ironisch, und Erinnerungspolitik kann sich in eine Farce verwandeln. Genau das geschieht heute auf dem Oppelner Marktplatz, wo – wenn auch in verschiedenen Jahrhunderten – zwei ideologische Brüder Seite an Seite stehen: Kasimir I. und Friedrich der Große.

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Peter Karger