Gründen Sie doch eine eigene Organisation!

Werden Deutsche in der deutschen Minderheit diskriminiert?

In Polen gibt es immer mehr Deutsche, die in der heutigen Bundesrepublik geboren wurden. Menschen, die als Erwachsene nach Schlesien gezogen sind. Einige Vertreter der Minderheit sind von ihrer Anwesenheit nicht begeistert, was zu zahlreichen Spannungen führt.

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Fot. Eukalyptus // Pixabay

Offene Grenzen sind in Europa zum Alltag geworden. Zwischen Oppeln und Dortmund zu reisen scheint trivialer zu sein als nach Danzig zu fahren. Aber es funktioniert auch andersrum. Immer mehr Menschen, die in der heutigen Bundesrepublik Deutschland geboren wurden, leben in Polen. Viele dieser „neuen Deutschen“ führen hier ihre Unternehmen, andere haben sich mit polnischen Partnern zusammengetan und sich entschieden, für sie in Schlesien zu bleiben. 

Einige der „neuen Deutschen“ sind in der Restaurierung von Denkmälern, Baudenkmälern oder Friedhöfen tätig. Sie tun dies mit großem Engagement. Die Mittel für diese Tätigkeiten erhalten sie von verschiedenen Institutionen und Stiftungen in der Bundesrepublik. 

Es ist auch selbstverständlich, dass diese Menschen den Kontakt zur deutschen Minderheit suchen. Die Anziehungskraft dieser Organisationen beruht sowohl auf der leichteren Verständigung in der deutschen Sprache als auch auf dem gemeinsamen Interesse an den alten kulturellen Traditionen der Region. 

Johanna Lemke ist ein solches positives Beispiel für das Engagement einer Deutschen in den Strukturen der deutschen Minderheit. Sie kam als Lehrerin für ein halbes Jahr an eine Schule in Wengern in der Woiwodschaft Oppeln und blieb dort für den Rest ihres Lebens. Sie engagierte sich auch in verschiedenen Bildungsinitiativen. 

Die Präsenz der „neuen Deutschen“ in den Minderheitenstrukturen ist jedoch nicht so offensichtlich. Sowohl in der Satzung der Soziokulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien als auch in der Satzung der Deutschen Kulturgesellschaft in Breslau heißt es, dass nur Personen mit polnischer Staatsbürgerschaft tatsächlich Mitglied sein können. Diese scheinbar offensichtliche Bestimmung hat sehr schwerwiegende praktische Folgen. Denn auf diese Weise werden die „neuen Deutschen“ Mitglieder zweiter Klasse. Sie haben kein verbindliches Stimmrecht bei Versammlungen und können nicht in eines der Organe der Organisation gewählt werden. Sie haben keinen Einfluss auf die Projekte, die bei den verschiedenen Geldgebern eingereicht werden. 

Vertreter der „neuen Deutschen“ könnten einen eigenen Verein der deutschen Minderheit zu gründen. Sie werden jedoch zum Teil durch die stets verbindlichen Richtlinien der Bundesregierung behindert, die besagen, dass nur Organisationen, die Mitglied im Dachverband VdG sind, Zuschüsse beantragen können. Und selbst dann ist es sehr schwierig, ohne die Zustimmung des VdG-Dachverbandes eine Förderung zu erhalten. All dies hält sie davon ab, sich für das Umfeld zu engagieren. 

Dieses Thema hat noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Einige der „neuen Deutschen“ waren früher bei Vertriebenenorganisationen in Deutschland tätig. Sie haben dort oft gute Verbindungen. Sie könnten eine natürliche Achse sein, die die in Polen verbliebenen Deutschen mit denjenigen verbindet, deren Vorfahren einst in die westlichen Teile Deutschlands gingen.

Diese Zusammenarbeit zwischen der deutschen Minderheit und den Vertriebenenorganisationen scheint eine Notwendigkeit zu sein. Die Aussiedler haben gute politische Verbindungen und ein besseres Verständnis für die Realität in der Bundesrepublik. Das Interesse an den Vertriebenenorganisationen in Deutschland nimmt aber immer mehr ab. 

Die Zusammenarbeit zwischen diesen Organisationen und der deutschen Minderheit beschränkte sich bisher meist auf Schulterklopfen, warme Worte, Händeschütteln und öffentlich bekundete Sympathie. Die Leiter der Vertriebenenorganisationen sind auch nur ein Prachtstück der wichtigeren Treffen der deutschen Minderheit. Umgekehrt gilt das Gleiche. Dies führt jedoch selten zu größeren gemeinsamen Projekten und politischer Zusammenarbeit. Dabei könnte die Verbindung dieser beiden Gemeinschaften eine wichtige positive Rolle in den deutsch-polnischen Beziehungen spielen. Gemeinsam würden sie ein großes Potenzial darstellen und könnten zu einer ernsthaften Kraft für das kulturelle Leben in Schlesien werden. 

In der Satzung der Soziokulturellen Vereinigung der Deutschen der Woiwodschaft Schlesien wurde die Bestimmung, die „Neudeutsche“ von der Vollmitgliedschaft in der Organisation ausschließt, abgeschafft. Im TSKN im Oppelner Schlesien gibt es sie noch, aber es scheint, dass auch hier das Bewusstsein für den Anachronismus dieser Bestimmung wächst. 

Für Krystyna Kadlewicz, Vorsitzende des NTKS in Breslau, ist die Sache nicht mehr so einfach. Sie erinnert an die Probleme der Organisation der Polonia in Deutschland „Rodło“. In ihren Reihen befanden sich Sympathisanten der AfD. Der Fall wurde öffentlich und wurde schließlich zu einer großen Blamage für die gesamte polnische Organisation, die nun von rechtsnationalen Abweichungen bezichtigt wurde. „Rodło“ stand diesem Problem machtlos gegenüber, weil sie nicht über die Instrumente verfügte, diese Personen aus den Reihen der Organisation zu entfernen. 

Kadlewicz befürchtet, dass die Diskreditierung auch hier enorm gewesen wäre, wenn sich in den Reihen der NTKS-Organisation in Breslau auch Mitglieder der AfD-Partei befunden hätten. Und das würde sie sehr gerne vermeiden.

Daher steht sie der spontanen und unkontrollierten Aufnahme von „neuen Deutschen“ in die Reihen der Organisation skeptisch gegenüber. 

Vielleicht wäre es tatsächlich die beste Lösung, eine eigene Organisation der „neuen Deutschen“ zu schaffen, die Teil der VdG-Dachorganisation werden könnte. Dadurch würden sich für diese Organisation Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen. Es würde die Möglichkeiten für einen effektiveren Brückenschlag zwischen den Minderheiten- und Aussiedlerorganisationen in der Bundesrepublik formalisieren. Eine solche neue Organisation wäre ehrlicher, denn die „neuen Deutschen“ sind doch etwas ganz anderes als die Schlesier, die seit Generationen ununterbrochen in diesem Land leben. 

Es scheint sicher, dass es immer mehr dieser „neuen Deutschen“ in Polen geben wird, und der VdG-Dachverband sollte Formeln und Modelle für die Zusammenarbeit mit ihnen finden. Denn sie stellen für die deutsche Minderheit sowohl eine große Chance als auch eine Bedrohung dar.

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