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Die Umsiedler erwiesen sich als blind

Opfer von Ideologie und politischem Fundamentalismus

Willy Brandts große Geste, am 7. Dezember 1970 vor demDenkmal der Helden des Warschauer Ghettos auf die Knie zufallen, zeugt von seinem Mut und moralischen Rückgrat. Eswar ein Akt, der die Welt auf vielen Ebenen veränderte. Esmarkierte aber auch den Beginn eines dramatischenProzesses der Marginalisierung der deutschenAussiedlergemeinden und ihrer kulturellen Traditionen.

Die Umsiedler erwiesen sich als blind
Botschafter Arndt von Loringhoven legt im Gedenken an Willy Brandt einen Kranz nieder. Quelle: Deutsche Botschaft- offizielle Facebook-Fanpage

Willy Brandts große Geste, am 7. Dezember 1970 vor demDenkmal der Helden des Warschauer Ghettos auf die Knie zufallen, zeugt von seinem Mut und moralischen Rückgrat. Eswar ein Akt, der die Welt auf vielen Ebenen veränderte. Esmarkierte aber auch den Beginn eines dramatischenProzesses der Marginalisierung der deutschenAussiedlergemeinden und ihrer kulturellen Traditionen.

Der Führer der Nachkriegs-SPD war Kurt Schumacher, einUmsiedler aus Chełmno in Pommern und langjähriger KZHäftling. Da Schumacher sich als Umsiedler verstand, war dieSPD in den ersten Jahren der Bundesrepublik die Partei, mit dersich die Umsiedler, darunter Autochtonen und Deutsche ausSchlesien, identizierten. Hierfanden sie am meisten Verständnisund Unterstützung, und Herbert Hupka warlange Zeit SPDMitglied. Richtig ist aber auch, dass sich die SPD-Politiker aneinerideologischen Kampagne beteiligten, die immer wieder dieRückkehr der Umsiedlerin ihre Heimat vorhersagte. Das wareine politische Täuschung, denn allen deutschen Politikern warseit Beginn der Bundesrepublik bekannt, dass die 1945 inPotsdam getroffenen territorialen Entscheidungen unumkehrbarwaren. Aber es war viel einfacher, den Vertriebenen mitunrealistischen Visionen von der Rückkehr, wie man Häuser undArbeitsplätze für sie bauen kann, vor den Kopf zu stoßen. Mitdiesen Versprechungen hätte man sie dazu zwingen können, diemiserablen Wohnverhältnisse und die schlechtere sozialeSituation zu akzeptieren. Dieser Mythos der Rückkehrin dieHeimat der SPD wurde bis zu den Wahlen im September 1969aufrechterhalten.

Erst nach den Wahlen schlug die neue sozialdemokratischliberale Regierung von Willy Brandt ein neues Kapitel in denBeziehungen zum Osten Europas auf. Die Bereitschaft, dieGrenzen im Osten zu akzeptieren, wurde von den Eliten derUmsiedler als Verrat empfunden. Ein solches unerwünschtesElement dieser Politik war die Ehrung des neuen Bundeskanzlersvor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos.

Es war ein Schock für die gesamte deutsche öffentliche Meinung.Die Geste war ein Schock, den der Großteil der deutschenGesellschaft nicht verstehen konnte. Deshalb wurde dieseVeranstaltung am Denkmal für die Ghetto-Opfer zu einemwichtigen Impuls für eine nationale Debatte über dieVerantwortung Deutschlands für die im Krieg begangenenVerbrechen. Und das war ein großer Vorteil.

Es ist jedoch bedauerlich, dass die damaligen Leiter derAussiedlerorganisationen nicht erkannten, wie sehr sich diepolitische Situation in Europa und ihre Rolle in Deutschlandverändert hatten. Sie beharrten weiterhin auf unrealistischenForderungen, auf das verlorene Familienland zurückzukehren.Diese ideologischen Forderungen waren umso merkwürdiger, alses schon in den 1970er Jahren oder später schwierig war,jemanden zu nden, der dauerhaft nach Schlesien zurückkehrenwollte. Diese Strategie führte nicht nur zur sozialenMarginalisierung der Umsiedlungsgemeinden. Aber was vielschlimmerist, sie führten dazu, dass die aus dem Ostenmitgebrachten Traditionen der Kultur zu etwas Peinlichemwurden.

Das Knien vor dem Ghettohelden-Denkmal kam auch in Polennicht gut an. Es wurde als eine Verbeugung vor den damalsunerwünschten jüdischen Gemeinden in Polen gelesen. Aber esuntergrub auch das damals gepegte Stereotyp des feindlichenDeutschen. Deshalb verbot die Zensurin Polen dieVeröffentlichung des Fotos des knienden Kanzlers.

Willy Brandts Kniefall vor dem Ghettohelden-Denkmal war diespontane Geste eines ehrlichen, sensiblen Mannes, der sich andiesem Ort von der Last der Schuld erdrückt fühlte. Doch WillyBrandts Geste erwies sich als großer Schritt auf dem Weg zurdeutsch-polnischen Aussöhnung. Und als solcher wird er nunsowohl in Polen als auch in Deutschland mit großerBewunderung verehrt.

Für verschiedene Autochthon-Organisationen sollten die Folgendes Verharrens in unrealistischen, ideologisch diktiertenForderungen eine große Warnung sein. Deshalb sollte derJahrestag des Kniefalls von Willy Brandt vor dem Geschenk derGhettohelden Anlass zu vielen Überlegungen sein.

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