13.4.2024

Oberglogau

Eine Stadt, die keiner will

Die Geschichte der Stadt Oberglogau ist ungewöhnlich. Könige und weltberühmte Künstler haben in dieser Stadt gelebt.

Nach dem II. Weltkrieg war sie der einzige Ort in Polen, wo man überwiegend auf den Straßen und in den Geschäften frei deutsch gesprochen hat. Die St. Bartholomäus Kirche war schon im XIII. Jahrhundert entstanden, und ein paar Jahrzehnte später war Oberglogau Sitz der piastischen Fürsten. Später wurde die Stadt Besitztum Kaiser Ferdinands I.( Habsburg). Ein wohlhabender Adliger, Hans von Oppersdorff, heiratete Christine von Zedlitz, deren Eltern die Güter in Oberglogau gepachtet hatten. Daraufhin hat er die Stadt vom Kaiser abgekauft, ließ die Mittelalterliche Burg abreißen und ein neues, monumentales Renaissanceschloss bauen. Er hat auch sehr auf seinen Sohn und Nachfolger Hans Georg gesetzt. Der bekam eine gründliche Ausbildung, durfte viele Länder in Europa bereisen und verbrachte lange Zeit auf dem kaiserlichen Hof. Hans Georg wurde im Jahr 1700 zum Reichsgrafen erhoben. Von italienischen Architekten inspiriert, ließ er in Oberglogau einen riesigen Garten anlegen und das Schloss noch erweitern. 

Zu Zeiten des nächsten Ordynats mit Franz Eusebius wurde Oberglogau zum Sitz der polnischen Regierung. Während der schwedischen Kriege musste König Jan Kazimierz mit der Gemahlin aus dem Land flüchten. Er ließ sich mit fast zwei tausend Vertretern der polnischen Oberschicht in Oberglogau und der Umgebung nieder. Einige Jahrhunderte später, Anfang des XIX Jahrhunderts, lebte in Oberglogau Ludwig van Beethoven. Der Komponist wurde vom Grafen Franz Joachim von Oppersdorff finanziell reichlich unterstützt. Wahrscheinlich sind in Oberglogau die erste Akkorde der V. Symphonie entstanden, die bekannteste Melodie alle Zeiten. Im XIX. Jahrhundert wurde Oberglogau zu der vielleicht wichtigsten Quelle der polnischen Kultur in Oberschlesien. Dank der Unterstützung des Reichstagsabgeordneten Eduard Georg von Oppersdorff wurde hier eine Hochschule für Polnisch-Lehrer eingerichtet und ein Verlag aufgebaut, der polnische Bücher druckte. Sein Sohn, Hans Baptist, heiratete eine polnische Prinzessin, Dorota Radziwiłł. Später war er der einzige oberschlesische Adlige, der die polnischen Ansprüche auf Oberschlesien in dem Plebiszit unterstützt hat. Es hat auch nicht viel geholfen, weil 96% der Bewohner von Oberglogau in März 1921 für Deutschland stimmten. Trotzdem, dank der Jahrhunderte langen Verbindungen Oberglogaus mit Polen wurden die Bewohner nach 1945 von der Aussiedlung nach Deutschland verschont. Da die Stadt in den folgenden Jahrzehnten ihren deutschen Charakter behielt, identifizierten sich mit Oberglogau weder die polnischen noch die deutschen Patrioten. Sie bleibt aber eine Inspiration für alle Europagedanken…

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