25.3.2021
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Jerusalem in Schlesien

Ostertradition unserer Großeltern

Aufgrund der Pandemie mussten wir das Osterfest zu Hause verbringen. Und niemand weiß, wie das nächste gefeiert werden kann. Vielleicht ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um einen Blick auf die Traditionen zu werfen. Sie sind einzigartig in Schlesien, denn die schlesische Kultur hat slawische Wurzeln, die über Jahrhunderte hinweg deutschen Einflüssen unterlagen. Auch andere Bräuche spielten dabei eine Rolle. Deshalb verweben sich heute in Schlesien viele verschiedene Traditionen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, welche davon in unseren Familien dominieren.

Ostertradition unserer Großeltern
Natalia Klimaschka

Aufgrund der Pandemie mussten wir das Osterfest zu Hause verbringen. Und niemand weiß, wie das nächste gefeiert werden kann. Vielleicht ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um einen Blick auf die Traditionen zu werfen. Sie sind einzigartig in Schlesien, denn die schlesische Kultur hat slawische Wurzeln, die über Jahrhunderte hinweg deutschen Einflüssen unterlagen. Auch andere Bräuche spielten dabei eine Rolle. Deshalb verweben sich heute in Schlesien viele verschiedene Traditionen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, welche davon in unseren Familien dominieren.

In Schlesien hat "jede Region ihre eigenen Bräuche". Ein Mosaik von Bräuchen hat hier schon immer existiert. Sie unterschieden sich nicht nur in einzelnen Regionen, sondern sogar in benachbarten Ortschaften. Deshalb ist es unmöglich, alle schlesischen Osterbräuche aufzuzählen. Ich werde mich auf die interessantesten und die von meiner Großmutter erwähnten konzentrieren.

Die Feierlichkeiten der Karwoche begannen mit dem Palmsonntag. Väter gingen mit ihren Söhnen in den Wald, um Haselnuss, Wacholder, Buchsbaum, Schilf, Kätzchen und eine duftende Pflanze namens Eibisch zu finden. Sie banden das Ganze mit weichen Calla-Zweigen zu „Palmen“ zusammen. Die „Palmen“ waren nicht so bunt und groß wie die in Kleinpolen oder Masowien. Sie bestanden aus für die schlesische Landschaft typischen Pflanzen, aus Pflanzen die für die Gegend charakteristisch sind. Sie wurden mit Seidenpapier-Elementen oder anderen bunte Dekorationen geschmückt.

Nach der Weihe der „Palmbuschen“ war es Brauch, alle Mitglieder des Haushalts damit zu „schlagen“:  Zum Beispiel die Mädchen, um sie zur Keuschheit zu ermahnen, die Junggesellen, um sie vor Alkoholgenuss zu warnen und die Alten, um sie bei guter Gesundheit zu erhalten. Haushaltsmitglieder, die kränklich waren, durften von bestimmten Pflanzen kleine Stücke kosten, also wie eine Medizin zu sich nehmen. Dies sollte vor Halsentzündungen schützen.

Die „Palmen“ wurden dann an lange Stöcke gebunden, am Karsamstag-Abend abgeschnitten und in die Kirche gebracht. In der Osternacht versammelten sich dann alle um das Osterfeuer, das geweiht wurde. Später legte jeder Bauer Holzzweige ins Feuer. Diese Tradition wurde als "Stöcke verbrennen" genannt. Aus den angebrannten Zweigen wurden Kreuze gebastelt, die am Ostermontag eilig auf die Felder getragen wurden. Dies war mit dem Aberglauben verbunden, dass derjenige, der als erster damit sein Feld weiht, auch als erster die Ernte einfahren würde.

Am Mittwoch der Karwoche verabschiedeten sich die Schlesier vom „sauren Roggen“, der während der gesamten Fastenzeit auf ihren Tischen gestanden hatte. Sie organisierten ein "Begräbnis der sauren Suppe". Mit Asche gefüllte Töpfe wurden gegen die Tür geschleudert, die Asche auf die wenig geliebte Suppe ausgestreut. Es wurden kleine Besenstücke als Zeichen des beendeten Frühjahrsputzes verbrannt.

Am Karfreitag-Morgen versammelten sich die Jungs in Gruppen, gingen singend und betend mit Klopfern oder Klappern von einem Dorfkreuz zum anderen.

In kleinen Dörfern wurden mehrere solcher Gruppen gebildet. Die Jungs waren sehr vorsichtig, um sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen oder sich mit Freunden aus anderen Ortsteilen zu vermischen.

Am Ostersamstag standen die Mädchen vor der Morgendämmerung auf, um ihre Gesichter im Fluss zu waschen, „bevor ein Vogel daraus trinkt“. Die Mädchen glaubten, dass sie dadurch einen schönen, hellen Gesichtsteint haben würden. Die Jungen hingegen veranstalteten ihre Prozessionen am folgenden Tag.

Am Samstag begannen die Familien mit der Vorbereitung der Produkte für das Osterfrühstück. Nach Tagen des Fastens musste es üppig sein. Eier wurden in Zwiebel- oder Rote-Bete-Schalen gekocht, um ihnen eine schöne Farbe zu geben. Dann wurden sie mit in Essig getauchten Stäbchen verziert. Verzierte Eier wurden „kroszonki“ genannt. In einen Korb wurde ein aus Butter oder Teig geformtes Lamm gelegt, das Christus symbolisierte. Dort hinein legte man auch Salz, das vor dem Verderben schützen sollte, ebenso kam ein Osterkuchen dau oder ein typisch schlesischer Kuchen, „kołocz“ genannt. Geopfert wurden auch Brot, Wurst, Meerrettich, Pfeffer.

Am Ostersonntag suchten die Kinder den „Hasen“. Die Eltern versteckten Süßigkeiten in ihren Gärten, und die Kinder suchten nach dem Osterfrühstück nach Überraschungen. Dieser Brauch stammt aus der deutschen Kultur und tauchte in Oberschlesien aber erst nach dem Ersten Weltkrieg auf.

Heutzutage ist das Spiel "Eier den Hügel hinunterrollen" in Vergessenheit geraten. Es bestand darin, ein Ei auf einem Brett in Richtung einer in den Boden gegrabenen Mulde zu rollen. Gewonnen hatte die Person, deren Ei zuerst in das Loch kam. In vielen schlesischen Familien gibt es noch den Brauch, vor dem Osterfrühstück die Eier gegenzuschlagen. Der Gewinner ist derjenige, dessen Ei dabei ganz bleibt.

In Schlesien wurde auch Śmigus-Dyngus gefeiert. In anderen Regionen bedeutete dies, dass an diesem Tag den anderen mit Wasser bespritzen darf. Bei uns pflegten diesen Brauch nur Junggesellen, die sich einen Sport daraus machten, die – wie es hieß - Jungfrauen mit Wasser zu überraschen, die ihnen im Gegenzug dafür verzierte Eier schenkten.

In einigen Dörfern wurde ein Osterreiten organisiert. Die Prozession wurde von drei Reitern mit einer Figur des Auferstandenen Christus und einem mit einem roten Band geschmückten Kreuz eröffnet.  Ihnen folgte ein Priester und dem wiederum Bauern zu Pferd. Betend und Lieder singend zogen sie um die Felder, um für ein fruchtbares Jahr zu bitten. Am Ende des Gottesdienstes gab es eine Darbietung mit Pferden, das sogenannte Osterreiten. Diese seltene Tradition wird zum Beispiel in der Gegend von Ratibor gepflegt.

Ich hoffe, dass Ihnen dieser nachträgliche Blick auf unsere Traditionen gefallen und über die Einschränkungen, die aufgrund der Pandemie leider nötig waren, etwas hinweggetröstet hat.

Möge dieser Beitrag Sie ermutigen, Geschichten und Fotos von Ihren Osterbräuchen auf der Spectrum.direct-Facebook-Fanpage und unserem Profil auf Instagram zu teilen!

Daria Socha

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Natalia Klimaschka