22.7.2022
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Ein gemeinsames Erbe?

Polnische und deutsche Soldaten reparieren Kriegsgefangenengräber

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Lamsdorf bei Namslau ein Ort des Martyriums für alliierte Soldaten. Sie wurden hier als Kriegsgefangene gehalten, und viele von ihnen überlebten ihren Aufenthalt nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Vertreter der autochtonen Gemeinschaft in der bestehenden Lagerstruktur eingesperrt und ermordet. In den letzten Tagen führten polnische und deutsche Soldaten Hand in Hand Reinigungsarbeiten im Lager durch und pflegten die Gräber all derer, die hier gestorben waren.

Friedhof
Fot. Pudelek

Lamsdorf ist eine kleine Stadt in der Nähe von Falkenberg. Die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers begann mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870-1871. Auf dem Gelände von Lamsdorf wurde ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet mit dem Hintergedanken besiegte Soldaten der französischen Armee festzuhalten. Etwa 3.000 Kriegsgefangene durchliefen damals das Lager, und der Friedhof mit 53 Gräbern von Menschen, die nicht mehr nach Hause zurückkehren konnten, zeugt von diesen Ereignissen. Auch während des Ersten Weltkriegs wurden hier Kriegsgefangene festgehalten, von denen viele starben.

Der nächste Weltkrieg schrieb weitere grausame Seiten in der Geschichte dieses Ortes. Auf dem Gelände von Lamsberg wurde eine ganze Reihe von Lagern eingerichtet, die von der Wehrmacht verwaltet wurden: das Stalag VIII B, das Stalag 318/VIII F und das Stalag 344. Das Lager durchliefen schätzungsweise 300.000 Menschen, von denen etwa 40.000 die Tore nie verließen. Sie wurden in Massengräbern begraben. Heute erinnert ein Denkmal an den Ort. 

Die tragische Geschichte dieses Ortes endete leider nicht mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Jahr 1945 verwandelten die örtlichen Sicherheitskräfte einen Teil der dort bereits vorhandenen Infrastruktur in ein Gefangenenlager. Die einheimische Bevölkerung wurde dorthin geschickt. Diese Zeit brachte berüchtigte Zahlen. Insgesamt wurden etwa 5.000 völlig willkürliche Personen in das Arbeitslager geschickt, von denen vermutlich etwa 1.500 die Schikanen der Gefängniswärter nicht überlebten.

Das menschliche Leid hat hier längst seinen nationalen Charakter verloren. Lamsberg ist zu einem Ort der gemeinschaftlichen Trauer geworden. Dies spiegelt sich in einer Initiative wider, bei der polnische Soldaten gemeinsam mit deutschen Soldaten Aufräumarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Lagers durchführten. 

Auf polnischer Seite waren Soldaten der 10. Oppelner Logistikbrigade unter dem Kommando von Major Leszek Radzik beteiligt. Die Bundeswehr unter dem Kommando von Oberst a.D. Rainer Grygiel war durch Soldaten des Panzerbataillons aus Bergen, der Panzerschule in Münster und eines Reservebataillons aus Zeven vertreten. Die Soldaten wurden auch von jungen Leuten aus dem Jugendbildungszentrum in Neisse unterstützt. 

Die Arbeiten dauerten bis zu 10 Tage, in denen Soldaten beider Armeen gemeinsam die Freilegung der Gedenkstätte für zukünftige archäologische Arbeiten in Angriff nahmen. Die Arbeit war nicht einfach. Die Soldaten mussten Vorsichtsmaßnahmen treffen, um die archäologischen Quellen im Boden nicht zu beschädigen. 

Die Veranstaltung endete mit einer feierlichen Blumenniederlegung sowie Ansprachen der Direktorin des Zentralen Kriegsgefangenenmuseums, Frau Violetta Rezler-Wasielewska, und von Offizieren der polnischen Armee und der Bundeswehr. In ihren Worten an das Publikum nahmen sie Bezug auf den Zweiten Weltkrieg, aber auch auf den aktuellen Krieg in der Ukraine. 

Diese Initiative beweist, dass Polen und Deutsche gemeinsam in eine Zukunft blicken, in der sie sich nicht als Wölfe gegenüberstehen, sondern als Freunde. Dass sie eine Realität schaffen, in der sie sich Schulter an Schulter den Herausforderungen der modernen Welt stellen und ein gemeinsames Europa ohne historische Vorurteile aufbauen werden.

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Jakub Krzysztofczyk